Die Realität ist so vielschichtig, die Wahrheit so viel grösser, als wir wahrnehmen, erfassen und beurteilen können. Es wäre anmassend, zu glauben, dass eine Person je in der Lage ist, ein sicheres Urteil oder gar eine vollkommener Überblick erhalten zu können. Sondern alles was wir denken und erkennen, ist eine Annäherung aus einer Blickrichtung. So ist die Frage nach unserer Blickrichtung entscheidender als unser intensiver Versuch, alles vollständig zu erkennen.
Jeder trägt an sich Seiten, die er gerne bedecken möchte. Wir sind uns ihrer Existenz bewusst, aber auch darüber, dass andere sie verachten könnten und uns darauf ansprechen und uns entblössen könnten. So kontrollieren wir uns und versuchen unsere Makel zu verbergen.
Vielleicht ist deine Stimme sehr hoch, vielleicht laut wie meine. Vielleicht hast du keine schönen Zehen und ziehst nie die Schuhe aus. Oder keine schönen Zähne und verdrückst das offene Lachen auf Fotos. Vielleicht sind deine Gedanken sprunghaft und du kannst nicht so leicht einen roten Faden spinnen und willst darum nicht vor Leuten sprechen. Oder dir kommen in Gesprächen Dinge in den Sinn, die auf den andern unsinnig, naiv oder dumm wirken könnten und du redest nur, was an sieben inneren Wächtern vorbei gegangen ist.
Du bist einzigartig, ein Unikat. Scham über deine Eigenarten behindert deine Lebensfreude, macht dich langweilig und berechenbar. Du bist zumutbar, so wie du bist! Finde vertraute Leute, bei denen du übst, die Kontrolle aufzugeben, damit dein Wesen wieder leuchten kann und kreativ und inspirierend für andere wird. Oh, wie schön, wenn nicht alle Menschen hollywoodkompatibel sind. Perfektion ist ein perfider Lebenskiller und eine schwere Rüstung, die wir nicht mit uns herumtragen sollten, weil sie Freude und Leichtigkeit raubt.
Flüsterfloh 